Kommentar im Freitag: Koloniale Raubkunst

Beinahe das gesamte afrikanische Kulturerbe steht in europäischen Vitrinen. Jetzt sollen die Museen vieles zurückgeben. Doch die sträuben sich…

Vergangene Woche legten die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy und der senegalesische Ökonom Felwine Sarr der französischen Regierung ihren 240 Seiten starken Bericht vor. Unter dem Titel Die Restitution des afrikanischen Kulturerbes erklären sie detailliert den Schluss ihrer Recherchen: die sofortige Rückgabe eines großen Teils der sich in europäischen Museen befindenden Objekte afrikanischen Ursprungs. Eine Erklärung, die Vertreter*innen europäischer Museen nervös werden lässt. Bis zu 95 Prozent des afrikanischen Kulturerbes, heißt es, steht als Raubkunst in europäischen Vitrinen oder liegt in den Depots, vieles davon in Deutschland.

Die Museen sind nun in Zugzwang, die Beweislast ist umgekehrt. Es geht nicht mehr darum, zu entscheiden, was weg muss, sondern darum, was hierbleiben darf. Was nun? Alle Artefakte in Kisten packen und zurückschicken, ist weder mit dem Bericht gemeint, noch wäre es die Wiedergutmachung eines weitreichenden Verbrechens. Am 25. November jährte sich das Ende der deutschen Kolonialherrschaft zum 100. Mal. Das Ende des drittgrößten Kolonialreichs wurde durch den Versailler Vertrag besiegelt. Obgleich es bereits damals heftige Kritik am Kolonialunrecht gab, ist das Ende der Kolonien nicht auf Einsicht, sondern allein auf die Niederlage im Ersten Weltkrieg zurückzuführen.

Weiterlesen…

[publiziert in DER FREITAG (online + Print) am 29.11.2019]
Bildquellen: Female figure, Nigeria, Benin Kingdom, 17th or 18th century AD, brass – Ethnological Museum, Berlin, Wikimedia Commons (mit Nutzung dieser Abbildung stelle ich keine Behauptung über die genauen Eigentümerverhältnisse dieses Objekts an. Es dient lediglich der Illustration des Beitrags)/ Screenshot from freitag.de