Diese Publikation versteht sich als Ergänzung des englischsprachigen Ausstellungskatalogs. Sie enthält Übersetzungen von daraus ausgewählten Texten sowie neue Beiträge, die das Thema der Ausstellung auf den deutschsprachigen Kontext beziehen. Dabei war uns wichtig zu zeigen, dass das globale Phänomen der zeitgenössischen muslimischen Mode und mithin der „Modest Fashion“ auch ein europäisches und damit auch ein deutsches ist.
Reina Lewis gibt in ihrem Text einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Modest Fashion bis heute. Dabei problematisiert sie auch den westlichen Blick auf die Kulturen des Mittleren und Nahen Ostens, der bis heute die (re-)produzierten Vorstellungen vom sogenannten „Orient“ prägt. Ergänzt werden ihre Untersuchungen durch einen Beitrag von Alexandra Karentzos und Elke Gaugele. Sie gehen der Frage nach, wie sich lokale Kleidungsgeschichte muslimischer Migrant*innen im Frankfurter Stadtbild und in Familienfotografien aus dem Rhein-Main-Gebiet der 1970er und 1980er Jahre widerspiegelt. Daraus hat sich eine aktuelle Modest-Fashion-Szene entwickelt, die die Expertinnen für postkoloniale Modetheorie zur Diskussion stellen.
Jill D’Alessandro betrachtet muslimische Modest Fashion als Teil einer allgemeinen Entwicklung hin zu dezenteren, stärker bedeckenden Bekleidungsstilen jenseits religiöser Begründungen und Implikationen. Sie betrachtet sie als Tool, um kulturelle Grenzen zu überwinden.
Während nachhaltige Mode aus westlicher Perspektive gemeinhin als junges Phänomen diskutiert wird, untersucht Sariya Cheruvallil-Contractor in ihrem Essay die lange Geschichte der moralischen Haltung, auf der ökologische muslimische Mode basiert. Die österreichische Designerin Naomi Afia Brenya Güneş-Schneider vertieft diese Überlegungen im Hinblick auf ihr eigenes Label, in dessen Kollektionen sich immer wieder (politische) Themen wie Selbstermächtigung, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit finden lassen.
Yasmine M’Barek stellt in ihrem persönlichen Essay drei Bloggerinnen vor, die sich in den Sozialen Medien dem Thema Modest Fashion widmen. Die Sozialen Medien ermöglichten es ihnen, eigene Plattformen zu schaffen, die nicht selten weit über das bloße Vermitteln von Mode hinausgehen und zu Foren der Erforschung eigener Identität inmitten zeitgenössischer religiöser Auseinandersetzungen werden.
Dass innerhalb muslimischer Communities Diskriminierungsformen reproduziert werden, zeigt Ismahan Wayah in ihrem Essay über die Position Schwarzer Muslim*innen in den Communities. Aber auch darüber hinaus,
so argumentiert sie, erfahren Schwarze Muslim*innen als Teil weißer, christlicher Mehrheitsgesellschaften in ihrer – beispielsweise durch das Tragen eines Kopftuchs – muslimisch markierten Sichtbarkeit eine Mehrfachdiskriminierung.
Rhea Dehn stellt künstlerische Positionen aus der Ausstellung vor, die sich mit der Praxis des Bedeckens befassen, und ergänzt sie um die Arbeiten deutschsprachiger Künstlerinnen. Damit zeigt sie ein breites Spektrum der Auseinandersetzung auf.
Die Publikation ist an der Kasse des Museum Angewandte Kunst käuflich zu erwerben.